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{Info on A-Infos}
(de) Nach 70 Jahren wieder ein anarchosyndikalistisches Gewerkschaftslokal in Berlin.
From
faub2@anarch.fau.org (FAU Berlin 2)
Date
Thu, 17 Apr 2003 16:41:06 +0200 (CEST)
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A - I N F O S N E W S S E R V I C E
http://www.ainfos.ca/
http://ainfos.ca/index24.html
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> PRESSEMITTEILUNG
Nach 70 Jahren wieder ein anarchosyndikalistisches Gewerkschaftslokal in
Berlin.
Am 25. April wird die FAU Berlin ihr Gewerkschaftslokal in der Straßburger
Straße 38, 10405 Berlin, U2 Senefelder Platz, offiziell eröffnen.
Somit wird es genau 70 Jahre nachdem die Gestapo das Lokal der Freien
Arbeiter-Union Deutschlands in der Warschauer Str. 62, Friedrichshain,
gestürmt hat wieder einen Ort in Berlin für eine kämpferische
gewerkschaftliche Alternative geben.
Was in Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien, wo sich in den letzten
Jahren größere Basisgewerkschaften entwickelt haben, Normalität ist, wird
in Zeiten von Krieg, Hartz, Rürupp und Co. also auch in Berlin ein erstes,
kleines und dringend notwendiges Pendant haben.
Wir laden sie herzlich ein, dies mit uns bei einem Glas Sekt zu
feiern.
Am 25. April wird es ab 19.00 Uhr in unserem neuen Lokal einen Empfang
geben. Im Rahmenprogramm wird es eine kurze historische Einführung von Dr.
Andreas G. Graf (Gedenkstätte Deutscher Widerstand), eine Vorstellung
unserer Branchengruppen (Bildung, Kultur/Medien und andere Berufe), Musik
von Pat Blare (Wobbly-Songs, Kanada) und Geigerzähler (kabarettistischer
Geigenpunk, Berlin) und einige Filme geben.
Join the Union!
FAU Berlin
Weitere Infos: www.fau.org
www.anarchosyndicalism.org
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Etwas Geschichte...
Es war in den Nachwehen der Revolution von 1918, als sich eine heute
weitgehend unbekannte Massenbewegung in Deutschland entwickelte. Eine
Bewegung, die sich aus einfachen Arbeitern rekrutierte, die
ihre Hoffnungen auf Freiheit und Emanzipation, mit denen sie in
diese Revolution zogen, an deren Ende vor den Gewehrläufen der
Freikorps wiederfanden.
In Abgrenzung zur SPD wie zur KPD wandten sich diese enttäuschten Arbeiter
einem eigenständigen Strang der Arbeiterbewegung zu, dessen Wurzeln in
Deutschland bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen: Dem Anarcho-
syndikalismus.
Dieser Ansatz, - an der Schwelle zum 20. Jahrhundert in der französischen
CGT, der spanischen CNT und der amerikanischen IWW entwickelt - stand für
eine autonome, selbstorganisierte Gewerkschaftsbewegung, die den Satz, daß
die Befreiung der Arbeiterklasse das Werk der Arbeiter selbst
sein müsse, beim Wort nahm.
Sie organisierten sich von unten nach oben, lehnten politische Eliten und
große Funktionärsapparate ab und setzten auf die direkte Aktion
als Methode. Ihre Hoffnung war es, durch einen sozialen
Generalstreik den Kapitalismus und den Staat abzuschaffen und
die Gesellschaft auf Basis
einer gewerkschaftlichen Selbstverwaltung neu zu organisieren.
In Deutschland gründete sich 1919 die Freie Arbeiter-Union
Deutschlands (FAUD).
In ihrem Zenit 1921 waren 150 000 Arbeiter in ihr organisiert.
Sie Verstand sich sowohl als ökonomische Kampforganisation wie als
radikale Kulturbewegung.
Besonders in der großbetrieblichen Arbeiterschaft des Rheinlands konnte
die FAUD eine bedeutende Rolle spielen. Ein Indiz dafür, daß die deutschen
Anarchosyndikalisten zumindest punktuell eine Bedeutung innehatten, mag
auch die Tatsache sein, daß die Rote Ruhr Armee nach heutigen
Schätzungen zu 45 % aus Mitgliedern der FAUD bestand.
Allerdings konnte die FAUD sich als kleine sozial-revolutionäre
Gewerkschaft nicht behaupten. Bedingt durch externe Faktoren, aber auch
durch interne Konflikte sank ihre Mitgliedschaft auf wenige Tausend bis
zum Ende der Weimarer Republik. Nur noch in wenigen Berufsgruppen konnte
sie zumindest regional noch als Gewerkschaft Einfluß ausüben,
wie etwa bei den Fliesenlegern und Klavierbauern.
War die FAUD auch im Laufe der zwanziger Jahre auf einen Kern bewußter
Aktivisten, die die Idee eines freiheitlichen Sozialismus mit ihrer
Gesamten Persönlichkeit verkörperten , zusammengeschrumpft, so entwickelte
sie dennoch rege gegenkulturelle Aktivitäten. In ihrem Umfeld wurden
Siedlungsexperimente, Genossenschaftsprojekte, Frauenbünde, freie
Kindergruppen und freie Schulen initiiert, in der ihr nahestehenden ,Gilde
freiheitlicher Bücherfreunde" wurden Schriften u.a. über die
Freie Liebe,
Sexualaufklärung, revolutionäre Dichtung und den Antimilitarismus
publiziert. Zudem konnten die Anarchosyndikalisten einen nicht
unerheblichen Einfluß auf organisationsübergreifende Verbände
der Arbeiterbewegung wie etwa der Freidenkerbewegung ausüben.
Dem herannahenden Faschismus begegnete die FAUD mit der Hoffnung auf eine
entschiedene Einheit der Arbeiterschaft von unten. Den Anarchosyndikalisten
war bewußt, daß Hitler nicht mit dem Stimmzettel aufzuhalten
war.
Vergeblich riefen sie zum Generalstreik gegen die
Machtergreifung der Nationalsozialisten auf.
Am 9. März 1933 wurden schließlich die Räume der Geschäftskommission der
FAUD in der Warschauer Straße 62, Berlin-Friedrichshain, von
der Gestapo gestürmt.
Einige Hundert Mitglieder der FAUD gingen in den Widerstand und
versuchten die Organisation illegal am Leben zu erhalten.
Im Jahr 1937 gelang es allerdings der Gestapo mehrere hundert Mitglieder
der illegalen FAUD festzunehmen. Viele kamen ins KZ. In einem Lagebericht
der Gestapo heißt es: "Bei den Festgenommenen handelt es sich samt und
sonders um überzeugte Anhänger der anarcho-syndikalistischen Bewegung, die
in ihren Ideen derart verrannt sind, daß sie kaum noch zu brauchbaren
Mitgliedern der deutschen Volksgemeinschaft erzogen werden
können."
Einige waren bereits vorher ins Ausland emigriert,
unterstützten den Widerstand
von dort aus oder schlossen sich den antifaschistischen Milizen
in Spanien an, um dort gegen Franco zu kämpfen.
Ging der Widerstand gegen Hitler vereinzelt noch weiter, so war dies doch
Das.vorläufige Ende der anarchosyndikalistischen Bewegung in Deutschland. Versuche
nach dem Krieg die Bewegung in einer Föderation Freiheitlicher Sozialisten
wiederzubeleben, scheiterten nach wenigen Jahren. Die Überlebenden gingen
getrennte Wege. Einige schlossen sich der SPD und den neuen Gewerkschaften
an, andere sahen in der DDR ein neues Deutschland oder blieben
im Ausland.
Erst 1977 wurde in der BRD eine Nachfolgeorganisation, die Freie
ArbeiterInnen Union, gegründet und erst in den letzten Jahren ist ein
leichter Aufärtstrend der FAU zu beobachten - sowohl qualitativ
wie quantitativ.
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Freie ArbeiterInnen Union [FAU-IAA]
Straßburger Straße 38 10405 Berlin
faub@fau.org www.fau.org/og/berlin
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