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(de) AND: Staat und Kapitalismus in der Pandemie
Date
Sat, 23 Jan 2021 10:20:32 +0200
Im Frühjahr 2020 gab es einen großen Einschnitt für unsere Gesellschaft. Es war
kein historisch-politisches Ereignis, sondern eine Pandemie. COVID-19 führt zu
einer der größten Krisen unserer globalisierten Welt, die auch in Deutschland
direkt spürbar wird. Diese verstärkt die Missstände und Fehlfunktionen der
weltweit agierenden Wirtschaftssysteme und beeinflusst unser Leben, wie wir es
bisher kannten, massiv: Tausende Todesfälle, Veränderungen zwischenmenschlicher
Beziehungen, Digitalisierung unseres Lebens, Zunahme von Überwachung und
Kontrolle, existenzielle Zunahme sozialer Ungleichheit usw. ---- Global gesehen
haben Menschen begonnen, sich selbst zu organisieren, um gesundheitlichen und
sozialen Problemen kollektiv zu begegnen. Vor allem in den Ländern, wo sich der
Staat zurückzieht und die Pandemie leugnet oder verharmlost.
Deutschland ist ein sogenannter Sozialstaat. Die meisten sozialen Hilfsleistungen
werden durch Initiativen und Organisationen, die staatlich finanziert werden oder
durch kirchliche Träger organisiert. Es gibt kaum Selbstorganisation und
Vertrauen in der eigenen Nachbarschaft. Die Menschen erwarten, dass der Staat den
Ausnahmezustand managed und Probleme löst. Aber der Staat ist generell für große
Krisen, wie eine Pandemie oder die Klimakrise, nicht geeignet, denn zentrale
Machtstrukturen ermöglichen keine sinnvolle Intervention im Detail. Trotzdem
werden Entscheidungen getroffen, die Auswirkungen auf uns alle haben.
Der Staat war in Deutschland auf die Pandemie nicht vorbereitet. Obwohl es in
unserer globalisierten Welt bereits viele Pandemien gibt. Aber Dinge, die für den
Staat gerade nicht relevant sind, haben keine Priorität. Damit können
Politiker*innen eben nicht gut punkten. Nun ist die Sache aber akut und es ist
ihr Job, politische Entscheidungen zu treffen. Während es in den letzten
zweihundert Jahren eine Entwicklung zu mehr Partizipation in politischen
Entscheidungsprozessen kam, beobachten wir in der Pandemie genau das Gegenteil.
Einige wenige Politiker*innen entscheiden bis in unser tiefstes Privatleben
hinein, was wir zu tun und zu lassen haben. Zum Beispiel, mit wie vielen Menschen
wir uns treffen dürfen und in welcher Beziehung wir zu ihnen stehen. Es ist
zweitrangig, dass die Kompetenz dafür fehlt. Sie navigieren sich durch
Unwissenheit, aber mit entschlossenem Auftreten. Sie wollen schliesslich
wiedergewählt oder Kanzlerkandidat*in werden. Da sie die Möglichkeit haben,
Maßnahmen zu beschließen, tun sie das auch, selbst wenn sie damit falsche
Entscheidungen für alle treffen. Der Staat unterbindet damit lokale, individuelle
Lösungen. Und je stärker der Staat ist, umso schwächer ist die Gesellschaft.
Eine schwache Gesellschaft ermöglicht dem Staat seinen Einfluss und seine
Reglementierung aller Lebensbereiche zu vertiefen und dafür nutzt er genau solche
Momente, wie die aktuelle Krise. Es werden zum Beispiel Gesetze verschärft oder
Überwachung und Kontrolle ausgebaut durch eine Zunahme der Digitalisierung.
Die Autorität, welche von Politiker*innen als gewählte Repräsentant*innen
ausgeht, hilft aber in der tatsächlichen Bewältigung der Krise nicht, viel mehr
sind es die lebensnahen Tätigkeiten, wie zum Beispiel die der Pfleger*innen. Denn
die Interessen, die der Staat hier verfolgt, sind nicht unbedingt an den Menschen
orientiert. Neben den politischen Prinzipien, funktioniert der Staat auch nach
den Regeln des kapitalistischen Marktes. Und die Marktwirtschaft muss laufen. Der
Markt muss geschützt werden. Die Produktion geht weiter. Obwohl mehr Autos für
die Gesellschaft nicht wichtig sind, hat deren Produktion Priorität vor den Menschen.
Arbeiten ist also in Ordnung, egal ob zu Hause oder in der Fabrik. Freizeit,
Regeneration, Kunst und Kultur hingegen nicht. Was wir momentan tun dürfen, ist
arbeiten und konsumieren - die systemrelevanten Tätigkeiten im Kapitalismus. Die
einen folgen den staatlichen Maßnahmen, um möglichst wenige Personen anzustecken,
in der Hoffnung es ist bald vorbei, wenn wir nur diszipliniert sind. Der Rest
fährt immer noch im öffentlichen Verkehr jeden Tag zur Arbeit. Soziale Kontakte
werden also dort nicht eingeschränkt, wo der Staat es braucht.
In der Debatte erhält der Staat trotzdem viel Zuspruch für die
freiheitsbeschneidenden Maßnahmen. Die Akzeptanz autoritärem Handelns schließt
auch mit ein, dass Menschen eine klare Ansage haben wollen. Und unser Leben ist
stark geprägt von autoritären Strukturen, gegen die es schwer ist anzukämpfen,
wie wir aktuell sehen.
Aber diese Pandemie hat einmal mehr gezeigt, dass wir uns auf den Staat nicht
verlassen können.
Hin und her gerissen zwischen dem Widerspruch, die Gesundheit unserer Mitmenschen
zu schützen und unserer Skepsis vor repressiver Politik, dürfen wir nicht
handlungsunfähig sein. Wir müssen unsere Kritik klar benennen und Möglichkeiten
finden, in der Krise mehr Menschen dafür zu gewinnen diese Gesellschaft anders zu
organisieren.
Wie wollen wir zukünftig arbeiten, wohnen und unsere Gesundheit organisieren?
Dafür gibt es viele gute Projekte und Ansätze, wir müssen sie jetzt sichtbar
machen und uns jetzt gemeinsam organisieren!
Diesen und weitere Artikel findest du in unserem Zine: Zusammenhalt - Solidarität
und Kritik in der Coronapandemie.
https://and.notraces.net/2021/01/14/staat-und-kapitalismus-in-der-pandemie/
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