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(de) ag-freiburg: Über anderthalb Jahre ist es nun her, dass die Bilder einer Abschiebeblockade an einer Nürnberger Berufsschule bundesweit Schlagzeilen machten.
Date
Sat, 2 Feb 2019 09:47:12 +0200
Am 31. Mai 2017 sollte in Nürnberg der Berufsschüler Asif nach Afghanistan abgeschoben
werden. Zu diesem Zweck wollte die Polizei ihn vor den Augen seiner Mitschülerinnen direkt
aus dem Klassenraum heraus abführen. Die Schülerinnen wollten das jedoch nicht hinnehmen
und reagierten mit hunderten anderen Menschen auf den Abschiebeversuch mit lautstarkem
Protest und einer Blockade des Polizeiwagens, in dem Asif weggebracht werden sollte. Bei
dem gewaltvollen Vorgehen der Polizei gegen die insgesamt rund 300 Abschiebegegner*innen
kam es zu mehreren Verletzten und Festnahmen. Die Polizeigewalt schockierte die
Öffentlichkeit umso mehr, da sie diesmal nicht an den Rändern der Gesellschaft stattfand
und leicht zu ignorieren gewesen wäre, sondern sich auch gegen Menschen richtete, für die
Polizeigewalt noch keine zwangsläufige Alltäglichkeit ist.
Seitdem wird der Kampf um die Deutungshoheit jenes Tages vom bayerischen Staat aus mit
Verleumdungen und Kriminalisierung geführt. Seitdem ist aber auch im Laufe der Zeit das
öffentliche Interesse über diese Vorfälle verebbt, andere Nachrichten/Schlagzeilen
bestimmen die Medien. Doch für die Betroffenen Menschen an diesem Tag ist noch lange
nichts vorbei.
Asif hat im Dezember 2018 seinen Prozess gehabt, bei dem er zu hundert Arbeitsstunden
verurteilt wurde. Ihm wurde im Endeffekt vorgeworfen, sich gegen die Abschiebung in ein
Bürgerkriegsland gewehrt zu haben. Im November wurde zudem sein wiederaufgenommenes
Asylverfahren zum nun zweiten Mal wieder negativ beschieden. Dagegen wurde Widerspruch
eingelegt, wozu ein Entscheid noch aussteht.
Auch viele der Menschen, die sich an jenem Tag solidarisch mit Asif zeigten, können diesen
Tag nicht so einfach vergessen. Für mindestens 20 der Abschiebegegner*innen geht die
staatliche Repression weiter.
Die Gewalt, mit der der antirassistische Protest an diesem Tag niedergeknüppelt worden
war, war wohl noch nicht exzessiv genug; der öffentliche Fahndungsaufruf, der eine
Angeklagte traf, oder die mehrmonatige Untersuchungshaft einer weiteren Person und all die
anderen Verleumdungen und Einschüchterungsversuche, mit denen so viele Teilnehmer*innen
des Protestes bereits exemplarisch abgestraft wurden, noch nicht ausreichend. Den
Ermittlungsverfahren folgten Urteile von mehrmonatigen Haftstrafen.
Die Justiz nutzt - ebenso wie die Politik zuvor - die in Bayern verschärften Paragraphen
114 StGB ("tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte") und § 113 ("Widerstand gegen
Vollstreckungsbeamte"), um den Fokus auf die Kriminalisierung antirassistischen Protestes
zu legen, anstatt sich mit den Gründen und Hintergründen für das Handeln der
Demonstrant*innen auseinanderzusetzen. Die Frage, warum ein solcher Protest angesichts der
rassistischen Abschiebepraxis notwendig ist, sollte gar nicht erst aufkommen. Darin
offenbart sich einmal mehr der kaum verhohlene Versuch, effektiven Widerstand gegen die
Unmenschlichkeit der herrschenden Verhältnisse zu unterbinden. Dass der 31. Mai ein
Beispiel dafür ist, wie wirksam das solidarische Handeln in Form direkter Aktionen sein
kann, ist für den Staat wohl nur ein Grund mehr, mit besonderer Härte gegen die
Beschuldigten vorzugehen.
Zu der verhinderten Abschiebung am 31. Mai 2017 gab es bisher schon vier
Gerichtsverfahren. In jedem davon wurden die Angeklagten vom Gericht beispielsweise für
Widerstand, gefährliche Körperverletzung, tätlichen Angriff und ähnlichen scharf
klingenden Vorwürfen für "schuldig" befunden und erhielten hohe Strafen wie Geldzahlungen,
Arbeitsstunden und bis zu 9 Monate Knast (auf 3 Jahre Bewährung). Gegen bisher vier
Angeklagte fanden bzw. finden Berufungsverfahren statt. Jan ist einer von ihnen.
Am 2. August 2018 fand der erste Prozess gegen Jan vor dem Amtsgericht Nürnberg statt. Für
"Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" im Rahmen der Abschiebeblockade wurde er zu 2.700
Euro Geldstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte 6 Monate Haft ohne Bewährung
gefordert und ist offensichtlich entschlossen, die Freiheitsstrafe trotz der mauen
Beweislage doch noch durchzusetzen: Eine Woche später ging sie in Berufung gegen das
Urteil. Es ist also wieder alles offen.
Der Termin für die Neuverhandlung des Prozesses gegen Jan steht nun fest: Am Mittwoch, den
6. Februar 2019 um 9:00 Uhr soll erneut darüber befunden werden, ob Jan "schuldig" oder
"unschuldig" ist und ob er auf eine "illegale" Art und Weise gegen Abschiebung protestiert
hat. Wir stellen Jans Verfahren in eine Reihe von Repressionsfällen gegen Menschen, die
sich rassistischem Handeln entgegenstellen. Ein weiteres Beispiel in diesem Kontext ist
die Kriminalisierung der Seenotrettung im Mittelmeer. Hier wird aus humanitärer Hilfe, die
selbstverständlich sein sollte, "Beihilfe zur illegalen Einreise", was in Italien mit bis
zu 15 Jahren Haft geahndet werden kann.
Wir sehen die Verfolgung und Bestrafung von solidarischem Handeln als ein Bestandteil tief
verwurzelter menschenfeindlicher Herrschaftsstrukturen. Hilfestrukturen sollen nicht
geschaffen werden, diskriminierende gesellschaftliche Strukturen sollen nicht hinterfragt
und bekämpft werden. Denn dass die Gesellschaften in Deutschland, Europa und weltweit nach
wie vor ausgrenzen und Machtverhältnisse ihr Bild prägen, lässt sich nicht schönreden.
Rassistische Gewalt und Mord in Strafanstalten, mangelhafte Hilfestrukuren, fehlender
Schutz, Lagerpflicht, Abschiebung, unterlassene Hilfe bei der Überwindung von Grenzen und
der Ausbau der Festung Europa sind nur wenige weitere sichtbare Beispiele rassistischer
Praxis.
Jans Prozess ist nur einer von vielen. Aber das alles ändert nichts daran, dass wir
verdammt wütend sind darüber, dass unser Freund wieder vor Gericht gezerrt, wieder
bestraft, wieder mit Knast bedroht wird. Und weil sich diese Szenerie in ähnlicher Weise
überall, egal wo und egal wann, laufend wiederholt und dabei so ungezählt viele Menschen
und Freund*innen dieselbe Demütigung und Qual erfahren, fordern wir euch auf, eure Wut
darüber ebenfalls laut und klar zu artikulieren!
Solidarität ist kein Verbrechen! Unterstützt die Betroffenen! Sei es finanziell oder in
Form von eigenen Aktionen, Prozessbegleitungen, Solidaritätsbekundungen oder vielfältigen
anderen öffentlichkeitswirksamen Handlungen. Und lasst auch weiterhin nichts unversucht,
um dem Rassismus in Staat und Gesellschaft auf allen Wegen entgegenzutreten!
Solidarität ist eine Waffe!
Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA)
Mehr Infos auf der Kampagnen-Webseite: https://ausbruchaufbruch.noblogs.org/
https://www.ag-freiburg.org/newsticker/freiheit-fuer-jan-solidaritaetserklaerung-der-fda
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