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(de) FAU-IAA Direct Action #219 - Judith Malina: In unseren Gedanken sind wir fast nie allein Essay von Jude Rawlins
Date
Sat, 16 Nov 2013 00:09:02 +0200
Judith Malina auf der Bühne in Beirut (copyright Dirk Szuszies, Karin Kaper) ---- Judith
Malina auf der Bühne in Beirut (copyright Dirk Szuszies, Karin Kaper) Sie tauchten im
Nachkriegswirrwarr der New Yorker Straßen auf: Der Künstler Julian Beck und seine junge
Frau, die Schauspielerin und Aktivistin Judith Malina. ---- 1948 gründeten sie zusammen
das Living Theatre, eine sich ständig weiter entwickelnde Truppe von radikalen kreativen
DarstellerInnen, verbunden durch eine gemeinsame Philosophie der persönlichen Freiheit,
der Revolution des Selbst; friedvolle AnarchistInnen, begeistert vom Gedanken der Liebe
und Gleichheit für alle. ---- Judith Malina wurde als Tochter eines deutschen Rabbi
geboren, ihre Familie emigrierte 1928 von Deutschland nach New York.
Malinas Hingabe an ihre eigene Wahrheit und ihre zielsichere Fähigkeit, diese Hingabe
durch die universelle Sprache des Theaters auszudrücken, hat zu einigen der
bemerkenswertesten Aufführungen der Neuzeit geführt. Historisch gesehen hat sich das
Living Theatre durch seine Interpretation der Werke von Bertolt Brecht, Jean Cocteau,
Gertrude Stein und anderen einen radikalen Ruf erspielt. Einige Produktionen, wie die von
Kenneth Browns The Brig, sind zur Legende geworden. Da es sich jedoch um das Theater
dreht, um die einzelnen Aufführungen, um den Moment, ist es schwierig, das Werk ohne
Anschauungsobjekt zu diskutieren. Über Theater zu sprechen, ist wie über Architektur zu
tanzen.
Glücklicherweise wurden einige Momente eingefangen, und der wahrscheinlich beständigste
davon ist Paradise Now. Größtenteils in Europa im Exil entstanden nach lächerlichen
Anschuldigungen gegen Malina und Beck durch das amerikanische Finanzamt, die zu einem
Gerichtsverfahren führten und mit einer Verurteilung wegen Missachtung des Gerichts
endeten - eine Auszeichnung für alle AnarchistInnen - wurde Paradise Now vielleicht ihr
stärkstes und zeitlosestes Stück. Sein künstlerischer Einfluss kann vielerorts beobachtet
werden, insbesondere in den radikalen und furchtlosen Filmen von Ken Russell - es ist
schwer zu glauben, dass sein Meisterwerk The Devils (Die Teufel von Loudun) nicht zu einem
phänomenalen Grad von Paradise Now inspiriert sein soll. Die Ähnlichkeiten von Malina und
Russell aufzuzeigen ist aufschlussreich. Russells Kreativität kannte keine Grenzen, in den
70ern war er kurzzeitig in Mode, seine Filme waren sowohl kontrovers als auch kommerziell
erfolgreich. Aber er verlor niemals sein Ziel aus den Augen, er verkaufte sich nicht, er
war weiterhin kontrovers und herausfordernd, auch als er unmodern wurde und als die
britische Filmindustrie ihn mit offensichtlicher Verachtung strafte. Russell war, wie
Malina, zu schillernd, zu einfallsreich und zu tiefgründig, um berechenbar zu sein. So
strichen sie ihm die Fördermittel, und er machte unbeirrt weiter und wurde nur noch
radikaler und kontroverser. Wie er ist auch Judith Malina der lebende Inbegriff dieser
absoluten Verweigerung, sich den Launen der Mode zu beugen.
Die Genialität von Paradise Now liegt in seiner Einfachheit. Nur einige kleine, treffende
Bemerkungen wie ,,Ich darf auf der Straße nicht nackt sein, ich darf nicht ohne Geld
leben" und ähnliche enthalten einen kraftvollen Protest gegen jedwede Unterdrückung. Sie
zwingen uns, das Publikum, die offensichtliche Frage zu stellen: ,,Warum nicht?". Und wir
alle kennen die Antwort: ,,Weil es die Gesellschaft so will." Und wir alle wissen, das
reicht nicht.
Paradise Now hat seinen Namen von Miltons Paradise Lost, und als solches kann das Living
Theatre als Glied in der großen Kette der kreativen Tradition gesehen werden, die alle
Stimmen der Wahrheit und Vernunft durch die Zeit vereint. Paradise Now ist kraftvoll,
seines Namens würdig und es zeigt, dass seine SchöpferInnen Menschen voller Integrität und
Wahrheit sind und - weit mehr - wie jedes große künstlerische Werk, hat Paradise Now viel
zum Thema Freiheit zu sagen. Es ist grundsätzlich ein spirituelles Werk, und mit
,,Spiritualität" meine ich das Gegenteil von Materialismus. Es hat nichts zu tun mit
Übersinnlichem - Paradise Now, wie zuvor Paradise Lost, hat eine einzige Botschaft - im
Wesentlichen, dass Regeln und Materialismus, Eigentum, Religion, Geld usw. alles Systeme
sind, die uns aufgezwungen wurden wie Gefängnisstrafen, Dinge, um die wir niemals gebeten
haben, aber die wir durch Gehirnwäsche für nötig erachten. Wie Blake sagte, muss mensch
ein System erschaffen oder sich von dem System eines anderen versklaven lassen. Anarchie
ist nicht Chaos, Anarchie dreht sich darum, uns selbst kennenzulernen, unsere Bedürfnisse
zu befriedigen und die Bedürfnisse anderer zu erkennen und zu verstehen. Anarchie verlangt
von uns, dass wir Empathie entwickeln, Mitgefühl und Toleranz, und sie belohnt uns mit
absoluter Freiheit. Anarchie ist eine bessere Art zu leben als die derzeitige
Gesellschaftsform. Die Geschichte lehrt uns, dass wir Unterdrücker zerstören müssen,
Judith Malina zeigt uns, wie wir das mit Liebe verwirklichen können.
Das Living Theatre ist nicht tot, trotz allem, was in der New York Times zu lesen war.
Jude Rawlins (Subterraneans/Lene Lovich Band)
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