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(de) FAU-IAA Direct Action #219 - Truckstop in Köln -- FahrerInnen organisieren sich selbst
Date
Thu, 07 Nov 2013 14:21:43 +0200
Eine Demonstration der besonderen Art erlebte Köln am 10. August. Rund 70
TransportarbeiterInnen und ihre Familien hatten sich auf dem Ebertplatz versammelt, um mit
ihrer neugegründeten Logistik-Selbstorganisation den Protest auf die Straße zu tragen. Der
anschließende Fußmarsch über die Ringe zur Abschlusskundgebung am Chlodwigplatz wurde von
einem Dutzend LKWs und Kurierfahrzeugen begleitet, die laut hupend für gehörige
Aufmerksamkeit sorgten. ---- Leider wurden aber keine Flugblätter verteilt und die
präsentierten Plakate waren teilweise recht unverständlich gehalten ("Lohndumping auch im
Bundestag"). Das lässt darauf schließen, dass die FahrerInnen anscheinend über wenig
politische Organisationserfahrung verfügen. Zwar wurden im Aufruf einige Forderungen
genannt, wie "Gegen die miserablen Arbeitsbedingungen", aber ist z.B. die Formulierung
"Gegen die Ausbeutung der Unternehmer, Fahrer und Depotmitarbeiter!" aus
gewerkschaftlicher Sicht irritierend.
Schließlich kann es kaum im Interesse kämpferischer ArbeiterInnen sein, sich für das Wohl
der UnternehmerInnen einzusetzen. Bedenken wir jedoch, dass es sich hierbei oft auch um
scheinselbständige SubunternehmerInnen handelt, die überwiegend Solo-Selbständige sind, so
macht der Begriff "Ausbeutung" wieder einen Sinn: Schließlich fahren diese als
"Systempartner" im Auftrag der weltweit marktführenden Großunternehmen in der Branche
Kurier-Express-Paketdienste (KEP). In diesem Zusammenhang erschließt sich auch, warum sich
die Demonstration gegen Sozialdumping und "für strengere Durchsetzung und Kontrollen der
Kabotageregelung in der EU" einsetzte. Bei der Kabotage handelt es sich um das
Transportrecht ausländischer Unternehmen im Inland, welches durch protektionistische
EU-Gesetze geregelt ist, um "Billigkonkurrenz" zu verhindern. Innerhalb der EU wurde
allerdings 2012 das Kabotageverbot aufgehoben und bis Ende 2013 soll überprüft werden, ob
dies zu Sozialdumping geführt hat. Die FahrerInnen stehen daher am unteren Ende einer
Dienstleistungskette, in der mit Termindruck und Wettbewerbsnachteilen argumentiert wird,
um fehlende Ruhezeiten, gesundheits- und sozialschädliche Schichtpläne, dauerhafte
Überstunden und anderen Arbeitsdruck zu rechtfertigen. Dazu kommen Niedriglöhne zu
prekären Bedingungen. Insbesondere auf Scheinselbständige wird das unternehmerische Risiko
abgewälzt, welche teilweise ihre Privatautos als Transportmittel nutzen müssen. Über
200.000 ArbeiterInnen sind in der Branche sozialversicherungspflichtig. Hinzu kommen etwa
100.000 Mini-JobberInnen. Zehntausende davon müssen beim Jobcenter aufstockendes ALG II
beziehen, um trotz ihrer kräftezehrenden Arbeit überhaupt halbwegs menschenwürdig leben zu
können.
Protestfahrt durch die Kölner Innenstadt
Wenn nun von der noch recht neuen Selbstorganisation ein "faire[r]Wettbewerb" eingefordert
wird, so klingt das zwar nach sozialdemokratischer Marktregulierung, ist aber - gemeinsam
mit der Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes - der Versuch die
eigenen Lebensumstände gegen Billigkonkurrenz und Burn-Out zu verteidigen. Jedoch klang in
den Redebeiträgen nicht nur ein jahrelang aufgestauter Frust über die Machenschaften der
großen Transportunternehmen an, ob sie nun DHL, DPD, GLS oder Hermes heißen. Auch das
schwindende Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit angesichts der ungerechten Behandlung als
abhängig Beschäftigte wurde auf der Kölner Demo mehr als deutlich gemacht. Umso
unverständlicher wirken die Rufe nach mehr staatlichen Kontrollen und geregelten Märkten.
Wenig Probleme mit der Staatsgewalt hatte hingegen ein ver.di-Funktionär aus
Rheinland-Pfalz, der begeistert davon berichtete, wie seine DGB-Gewerkschaft gemeinsam mit
der Zollfahndung auf die Jagd nach illegaler Beschäftigung geht und das
Gewerbeaufsichtsamt zu Hilfe ruft.
Der Ruf nach europaweiten Mindestlöhnen und Frachttarifen richtet sich jedoch gegen eine
weitere Liberalisierung des Marktes. Im Februar 2013 waren einige niederländische
FahrerInnen so richtig wütend über eine lettische Spedition (mit Stammsitz in Lübeck)
geworden, die auf den Philippinen FahrerInnen für 680 Euro Bruttolohn anwirbt, die dann in
ganz Europa fahren sollen. Ebenso aus Italien wurden ihnen Fälle bekannt, in denen
osteuropäische FahrerInnen für nur 380 Euro im Monat arbeiten. Diese Empörung führte dann
zur Gründung der Selbstorganisation Actie in de Transport. Es bleibt abzuwarten, ob aus
den bisherigen Initiativen, wie dem deutschen Ableger von Actie in de Transport oder der
Interessenvertretung IG Fair KEP, irgendwann auch eine gewerkschaftliche Basisarbeit
jenseits nationaler Standortlogik entsteht. Erste Anzeichen dazu sind bereits erkennbar
und schon für den 31. August ist die nächste Demo im Lübecker Hafen geplant, zu der Actie
in de Transport und die Kraftfahrer-Clubs Deutschland e.V. gemeinsam aufrufen.
Willibert Unterdingen
Mehr Infos:
www.ig-fairkep.de
www.actie-in-de-transport.org
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