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(de) DIREKTE AKTION #179, MWR: THE SEXIEST REBELLION EVER (en)
Date
Mon, 29 Jan 2007 09:49:25 +0200
Über die Selbstorganisation eines Haufens ungebildeter, fauler,
betrunkener Taugenichtse und die Rolle des Internets dabei ---
McDonald's Workers Resistance (MWR) — diesen Namen gab sich 1999 eine
Gruppe junger McDo-ArbeiterInnen in Glasgow (Schottland). Mit der Zeit
schlossen sich andere Gruppen in Großbritannien (UK) und im Ausland an.
Bis die Bewegung 2004 an Elan verlor und die ursprüngliche Gruppe sich
auflöste, umfasste sie Hunderte ArbeiterInnen, die sich selbst als
"apolitisch" oder politisch uninteressiert bezeichneten — aber die
meisten unterstützten den konfrontativen Kurs der Glasgower Gruppe.
Dieser Versuch, gering qualifizierte ArbeiterInnen mit Hilfe des
Internets zu organisieren, sammelte wichtige Erfahrungen und begründete
gegen alle Widrigkeiten auch bei McDonald's eine Widerstandstradition.
Die Erfahrungen von MWR sollen als Anregung für ArbeiterInnen dienen,
die sich v.a. im Niedriglohnsektor zusammentun und für ihre Würde
kämpfen wollen, wie auch andere vor ihnen gekämpft haben. Just do it!
Revolution scheint eine sehr vertrackte Angelegenheit zu sein. Einige
Sachen sind immerhin ziemlich klar: Die Machtbeziehungen liegen nicht in
Händen der Regierungen oder "auf der Straße", sondern sind verstreut in
der Gesellschaft, in wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen. Die
Transformation ökonomischer Beziehungen wird effektive
selbstorganisierte Strukturen der Arbeiterklasse in der Wirtschaft
erfordern; diese Strukturen müssen sich in der Verteidigung der
Interessen der ArbeiterInnen bewähren, schaffen so Vertrauen und
versetzen die Arbeiterklasse vielleicht einmal in die Lage, kollektiv zu
produzieren und zu verteilen. Der Gedanke, dass diese Strukturen
"spontan entstehen" werden, ist hohl.
Nun, ich sehe ein, dass diese Strukturen nur in gewissen Zeiten
vorankommen und zu anderen Zeiten in der Defensive sein werden. Und ich
weiß nicht, welche Form diese Strukturen annehmen werden oder sollten.
Vielleicht sollten sie formell konstituierte Gewerkschaften sein oder
auch so informell wie eine Gruppe von KollegInnen, in der sich in
vorhergehenden Kämpfen Solidarität entwickelt hat. Auf jeden Fall aber
muss es Strukturen geben, right? Daher muss es die große,
unausweichliche, unaufschiebbare Aufgabe eines jeden sein, der über
Revolution reden will, herauszufinden, wie wir solche Strukturen
aufbauen können. Und ich habe den Eindruck, dass diese Frage — die
Frage, die uns nachts wach halten sollte — weniger Aufmerksamkeit
erfährt als Diskussionen darüber, wie man Polizeiketten durchbricht, was
in der Sowjetunion geschah, oder wer wen auf einer
anarchosyndikalistischen Konferenz im Jahre 1952 brüskiert hat. Es
scheint, dass wir über alles reden würden, nur um dieses Monument für
die Bedeutungslosigkeit unserer Politik zu meiden. Und ich habe keine
Ahnung, wie wir diese Strukturen aufbauen. Aber wenn es mal einen
richtigen Enthusiasmus geben würde, das kollektiv rauszufinden, dann
wäre ich gern ein Teil davon — so wie ich ein Teil von McDonald's
Workers Resistance war. MWR war ein Experiment, das den Klassenkampf in
der zeitgenössischen Gesellschaft für kurze Zeit erleichtert hat. In den
letzten Jahren hat es viele ähnliche und viel bedeutendere Kämpfe
gegeben. An wichtigeren Bewegungen fallen mir spontan ein: die JJ
Food-ArbeiterInnen, wilde Streiks der Post-ArbeiterInnen1, die
Kurier-Gewerkschaft, die Gewerkschaft der Sex-ArbeiterInnen, das
KollegInnen-Kollektiv in der U-Bahn, etc. All diese Bewegungen, Kämpfe,
Strukturen verdienen Beachtung, wenn wir versuchen, den kollektiven
Kampf zur Normalität unter ArbeiterInnen zu machen.
HAUPTSACHE ORGANISIEREN
Während der McVerleumdungs-Verhandlung (2) beschrieb der Oberste
Gerichtshof die Einstellung von McDonald's zu Gewerkschaften als
"abgeneigt"; das ist so, als würde man einen Serienmörder als schlechten
Nachbarn bezeichnen. Sie haben Tests mit Lügendetektoren durchgeführt,
um Sympathien für Gewerkschaften herauszukriegen, haben ganze Filialen
geschlossen, als sich die ArbeiterInnen zu organisieren begannen (3),
und wurden wiederholt fürillegale Einschüchterungsmaßnahmen gegen
Organiser verurteilt. In keiner einzigen McDonald's-Filiale in der
englischsprachigen Welt konnte eine Gewerkschaft Fuß fassen.
Auch wir haben es anfangs (1998) versucht und von den insgesamt 60
ArbeiterInnen 40 Unterschriften gesammelt, die unsere Gruppe als ihre
Gewerkschaft anerkannten. Aber die Fluktuation ist so hoch, dass diese
Taktik aussichtslos war. Wir taten das einzig Logische: Wir gaben auf.
Einige Monate später kam der Gedanke wieder auf: Verdammt nochmal,
dachten wir uns, selbst wenn das Gesetz unsere Organisation nie
anerkennt, heißt das doch noch lange nicht, dass wir deshalb keine haben
können! In dem Maße, wie wir mehr über "normale" Gewerkschaften erfuhren
und mit ihnen einige Zeit verbracht hatten, fielen uns weitere Gründe
auf, warum das kein wünschenswerter Gang für unseren Kampf ist. Aber
dieses Nichtverhältnis beruht auf Gegenseitigkeit: Aus wirtschaftlichen
Erwägungen heraus sind die Gewerkschaften nicht daran interessiert,
gering qualifizierte Arbeitskräfte mit hoher Fluktuation zu
organisieren. Für gewöhnlich nannten sie McDonald's das "schwarze Loch"
aller Organisierungsbestrebungen. Also ist die Frage nach den
Gewerkschaften für ArbeiterInnen in vielen prekären Branchen von
geringer Bedeutung.
Aus den genannten Gründen mussten wir als geheime Gruppe operieren. Das
bedeutete, dass wir nur ungern öffentlich auftraten, uns fotografieren
ließen, Journalisten trafen oder TV-Interviews gaben. Einige Hindernisse
konnten wir umgehen: Bei Pressekonferenzen waren entweder keine
Aufnahmen zugelassen oder wir trugen Masken. Aber der größte Nachteil
war, dass unser Organisationsnetzwerk immer unterwandert war und wir die
meisten Beteiligten nie getroffen haben. Wir waren nie in der Lage
gewesen, so was wie eine Konferenz zu organisieren. Umso wichtiger waren
für uns die "neuen Technologien". Das Internet ermöglicht einen Grad von
Organisierung und Kontakt, der für vorhergehende Generationen einfach
nicht finanzierbar gewesen wäre. Das kann eine große Hilfe sein, und ich
denke, das Potenzial der ArbeiterInnenbewegung im Internet ist enorm —
die Strukturen dazu werden von Leuten geschaffen, die nicht
notwendigerweise politisch drauf sind. Einfache Seiten, sowas wie
www.angekotztebedienung.de, können zu Strukturen kollektiven Kampfes werden.
Natürlich birgt das Netz auch Gefahren. Es ist nicht schwer, "das
Netzwerk" mit Organisation zu verwechseln. Wenn du tausend Kontakte
hast, aber kein einziger in der Lage ist, am Arbeitsplatz eine Struktur
aufzubauen, dann hast du tausend Mal nichts. Es handelt sich um ein
Problem der Art und Weise, wie heutzutage organisiert wird. Die Leute
wollen zumindest das Gefühl haben, dass sie vorankommen, und da
praktisch verankerte Strukturen fehlen, gründen sie Netzwerke. Mit dem
Internet kannst du für alles ein Netzwerk aufmachen. Du kannst z.B. ein
Netzwerk von Wäscherei-ArbeiterInnen bilden, du findest sIcherlich ein
Dutzend Leute mit anarchistischen Sympathien, eine in Helsinki, einen in
New York und mindestens eine in Hackney. So kriegst du das Gefühl, dass
es vorangeht. Ich will diese Netzwerke nicht abqualifizieren, sie können
sehr nützlich sein. Aber sie sind nur dann nützlich, wenn es darum geht,
unabhängige Strukturen unter Leuten zu schaffen, die tagtäglich
zusammenarbeiten.
MIT INNOVATIONSSINN UND ABENTEUERLUST
Wahrscheinlich war die Alterszusammensetzung der ausschlaggebende Punkt
für unsere Organisierung: In dieser Filiale in Glasgow bestand die
Belegschaft aus Schulkindern und Schulabbrechern, die noch nicht
vollkommen in ihren produktiven Rollen sozialisiert waren. Es gab auch
Studierende und gering qualifizierte ArbeiterInnen, von denen viele
daran gewöhnt sind, regelmäßig den Job zu wechseln. Niemand arbeitete
dort, weil er oder sie "eine Wahl getroffen" hätte, oder glaubte, es
wäre ein "guter Job". Sicher wäre es noch härter gewesen, dasselbe
Projekt in einer anderen Filiale zu starten. Zum Beispiel hatte ich auf
dem Höhepunkt unseres Kampfes das Privileg, mit ArbeiterInnen in einem
Londoner Laden zu sprechen, die sich organisierten. Die meisten waren
erst vor kurzer Zeit eingereist, viele von ihnen illegal — Ohne den
rechtlichen Rückhalt einer anerkannten Gewerkschaft war auch unsere Lage
sehr prekär. Doch in den ersten beiden Jahren, als MWR nur in einer
Filiale existierte, waren wir ganz erfolgreich damit, das Arbeitstempo
runterzufahren, Bonuszahlungen sicherzustellen, gegen Mobbing
vorzugehen, etc. Aber jede offene Auseinandersetzung hätte dazu geführt,
dass wir alle unverzüglich auf der Straße landeten. So wurde uns eine
nichthierarchische Organisierung wirklich aufgezwungen: Niemand wollte
der Anführer sein, der als erstes fliegt! Bevor wir je explizit
organisiert aufgetreten sind, verband die ArbeiterInnen in unserer
Filiale ein starkes soziales Band: Am Zahltag gingen alle ins Pub, viele
freundeten sich an, verabredeten sich, und so. Als dann jemand sagte,
"Wir sollteN wirklich etwas unternehmen", war das dann auch keine hohle
Phrase ... und die Unruhe breitete sich in unserer inzestuös kleinen
Welt aus wie eine Geschlechtskrankheit.
Ich schätze, der springende Punkt ist: Wir kamen in die Puschen, weil
Leute agitiert haben, die von KollegInnen respektiert wurden. Das ist
wahrscheinlich eine Vorbedingung für jede ArbeiterInnenbewegung, die es
je gegeben hat und jemals geben wird. Alles marxistische Theoretisieren
wird das nicht ändern. Es war auch wichtig, dass die Leute der
MWR-Kerngruppe die besten und erfahrendsten ArbeiterInnen unserer
Filiale waren — bei McDonald's kannst du übrigens schon nach einer Woche
als erfahrener Arbeiter gelten. Der Druck ist groß, großer Umsatz mit
sehr scharf kalkulierten Arbeitskosten. Der Druck wird direkt über die
Hierarchie aufgebaut, so dass unsere Vorgesetzten häufig von uns
abhängig waren, um ihre eigenen Bosse glücklich zu machen. Dies half
uns, einen gewissen Raum zu schaffen. Seit 2000 machten wir eine eigene
Zeitung: McSues. Es hat viel Spaß gemacht, nicht zuletzt wegen der
Witze, die in der politischen Szene ziemlich für Aufruhr sorgten. Das
ist wahrscheinlich unser einziges Erbstück für die revolutionäre
Bewegung ... Aber im Ernst: Die Leute müssen sich das Zeug durchlesen,
und dann erkennen sie auch, dass nicht nur Witze über den Kinder
fickenden Ronald McDonald drinstehen — diese Art von Witzen rissen wir
nunmal auf Arbeit. Ich meine, das sind Sachen, die nur in dieserUmgebung
funktionieren. Wenn du DozentInnen für Literaturwissenschaft
organisieren willst, würde man doch ganz anders rangehen. Man würde
wahrscheinlich Zitate des Literaturwissenschaftlers Hans Mayer einbauen,
oder so. Man würde versuchen, mit dem Diskurs zu arbeiten, wie er am
Arbeitsplatz geführt wird. Deswegen ver-zifisch sein. Ein Flugblatt für
"ArbeiterInnen der Nahrungsmittelindustrie" ist meiner Meinung nach
unsinnig. Ein Flugblatt für Bäcker ist besser. Ein Flugblatt für die
Bäckerei, in der du arbeitest, ist noch besser. Und ein Flugblatt für
deine Bäckerei über den neuen Arbeitsschritt, der letzte Woche
eingeführt wurde? Ja, dann kann das was werden!
Ich denke, es ist wichtig, dass ArbeiterInnen ihre Gedanken auf
Grundlage einer bestmöglichen Analyse veröffentlichen und verteidigen.
Dabei sollten sie nicht erwarten, dass der Rest der Arbeitskräfte so
wird wie sie selbst. Das wurde schon in dem Artikel "Give up Activism"
thematisiert: (4) Einer der Punkte war, dass Aktivisten meinen, die Welt
wäre in Ordnung, wenn nur jeder so werden würde wie sie. Nun,
klassenkämpferische AnarchistInnen sind auf einem ähnlichen Trip. Ich
denke aber, die Revolution wird von ArbeiterInnen gemacht werden, die
die wirtschaftlichen Beziehungen, die unser aller Leben vergällen,
kollektiv in Frage stellen. Das wird nicht durch Magie vor sich gehen,
sondern wird ausgehen müssen von bewussten Bemühungen der
radikalisierten Teile der Klasse — an dieser Bewegung werden auch
ArbeiterInnen teilnehmen, die in die Moschee gehen, Mascara tragen, eher
Thomas Mann als Marx lesen, an New-Age-Mystik glauben, vor'm Essen
"Danke" sagen, oder ... Antiquitäten sammeln. Ich sehe also keinen
Widerspruch darin, für eine revolutionäre Politik zu argumentieren und
sich mit jedem zu organisieren, mit dem man alltäglich zusammenarbeitet,
ob der nun koschere, vegane oder getoastete Sandwiches isst.
Arbeiterorganisationen sind die einzigen Strukturen, die die
Gesellschaft verändern können. Und sich als AnarchistIn zu organisieren
bedeutet ja zumeist, zu irgendeinem beknackten Treffen zu gehen, bevor
man in die Kneipe geht. Ich denke, die Welt wäre ein besserer Ort, wenn
es solche Treffen nicht gäbe und GenossInnen, die miteinander rumhängen
wollen, eine bessere Entschuldigung dafür finden. Bingonächte,
Kinotouren, oder sonst was.
DER ZAHN DER ZEIT, ODER: DER KAMPF GEHT WEITER
Drei Jahre nach unserer ersten Aktion waren wir ca. 20 Gruppen. Einige
davon mögen nur ein, zwei Leute gewesen sein, aber es waren doch auch
immer Leute in verschiedenen Filialen einer Stadt. Einige dieser Gruppen
waren sehr stark dabei, eigene Flugblätter und Websites zu erstellen. Es
gab mehrere Gruppen in Australien und ein halbes Dutzend in Nordamerika.
Wir hatten auch eine sehr umfangreisenden kann, brauchten wir einen
ganzen Tag, um eine einzige Nachricht zu verschicken. Der Höhepunkt
unserer Bewegung war der weltweite Aktionstag am 16. Oktober 2002.
Einiges von dem, was an diesem Tag ablief, ist im Internet dokumentiert
(5). Ein paar der Berichte erwiesen sich als nicht ganz zutreffend, aber
vier Jahre später scheint das nun auch nicht so wichtig. Es war ein
großer Coup, viel größer als wir erwartet hatten, und das hat ganz schön
Auftrieb gegeben. Ich dachte nicht wirklich, dass viel passieren würde,
aber als ich an diesem Morgen meine Emails checkte, waren da all diese
Berichte, die schon aus Australien hereinkamen. Es war eine sehr
aufregende Zeit. Was auch immer aktive Sabotage gewesen sein mag und was
nicht, zahlreiche technische Probleme und Beispiele gewöhnlicher
Inkompetenz wurden der unsichtbaren Hand des Widerstands zugeschrieben!
Andere Aktionen waren weniger erfolgreich. Aber auch der 16. Oktober war
nur auf symbolischer Ebene ein Erfolg. Anfang 2003 waren einige der
Leute der Ursprungsgruppe, die noch immer dabei waren, umgezogen und
arbeiteten bei McDonald's außerhalb von Schottland. Unseren neuen
KollegInnen erzählten wir nicht, dass wir mit MWR vertraut sind, und
mussten uns von ihnen Witze anhören, die wir selbst geschrieben hatten.
Um ehrlich zu sein, wir hatten auch irgendwann die Schnauze voll davon.
Wir wurden älter, hatten weniger Kontakt zu den übrigen Arbeitskräften,
und unser Diskurs war nicht mehr ganz der ihre. Und wir waren einfach
müde — Ihr wisst ja selbst, wieviel Arbeit solche Projekte machen. Es
war großartig, dass so viele Angestellte Kontakt zu uns aufgenommen
haben, aber das bedeutete auch Stunden vor dem Computer. Dazu kommt
noch, dass wir inzwischen sechs, sieben Jahre bei McDonald's gearbeitet
hatten. Das ist eine lange Zeit. Es war Zeit, Schluss zu machen, und wir
versuchten einen Nachruf zu schreiben. Ich war sehr unzufrieden, dass es
so endete, und ich fühlte mich ein bisschen, als hätten wir eine Menge
Zeit verplempert. Aber jetzt, mit ein paar Jahren Abstand, kann ich
sehen: Ohne eine umfassendere Bewegung kann eine Initiative wie unsere
immer nur ein Experiment sein.
In unserem letzten Jahr wollten wir so etwas wie eine syndikalistische
Gruppe werden. Wir begannen eine wenig inspirierende und unrealistische
Lohnauseinandersetzung und forderten sechs Pfund Stundenlohn als
Einstiegsgehalt. Warum Lohnforderung? ... weil es genau das ist, was
Arbeiterorganisationen machen, nicht wahr? Das ist ein Punkt, der häufig
vernachlässigt wird, aber die Annahme, dass ArbeiterInnen am meisten an
materiellen Forderungen interessiert sind, muss auf den Prüfstand. Wir
wollten nicht für McDonald's arbeiten, ob sie uns nun sechs oder 20
Pfund die Stunde zahlten. Also, wie kamen wir auf die Idee, dass andere
ArbeiterInnen von einer solchen Kampagne angeregt würden? Offensichtlich
hängt es vom Kontext ab, was praktisch und was Quelle der
Unzufriedenheit ist. Lohnforderungen können sehr wichtig sein, sie
können aber auch unrealistisch und einfallslos sein.
Wir hätten im informellen Rahmen bleiben sollen und weiterhin nichts
mehr als eine Inspiration sein wollen, anstatt eine einheitliche
Struktur aufzubauen. Wir hätten einfach weiter Witze über den Kinder
fickenden Ronald McDonald machen sollen. MWR hätte vielleicht besser
überlebt als eine Strömung in der Gesamtbelegschaft, in der die Gedanken
sich informell unter den ArbeiterInnen verbreiten. Aber es war auch
nicht falsch, dass wir öffentlich erklärten, wie unserer Meinung nach
die Zukunft aussehen sollte — das waren unsere Gedanken, und die sollten
wir nicht verstecken. Das Problem war, dass wir sehr schnell politisiert
wurden, unser Einfluss wuchs und wir Dinge nach vorn bringen wollten,
die der Situation nicht angemessen waren. Wir scheiterten und
verzweifelten daran, aus dem Interesse das wir geweckt hatten, "eine
Organisation" aufzubauen. Im Grunde genommen waren wir die
revolutionärste Sektion der arbeitenden Klasse und wir traten auf der
Stelle — in der Hoffnung, der Rest von Euch Wichsern würde aufholen!
Funnywump (Ex-MWR),
nach einem Interview mit libcom.org bearbeitet von André Eisenstein.
Das englischsprachige Info-Portal libcom.org führte im November 2006 ein
Interview mit einem MWR-Gründungsmitglied. In bearbeiteter und gekürzter
Form ist es hier abgedruckt. Die ungekürzte Fassung des Interviews und
ergänzendes Material findet sich ab Ende Januar auf
http://www.fau.org/fau_medien/da. Der englische Originaltext ist
einzusehen unter
http://libcom.org/library/interview-with-mcdonalds-workers-resistance
(1) z.B. im Februar 2006 in Belfast
(2) Verfahren gegen zwei AktivistInnen Mitte der 1990er
(3) z.B. 2002 in Wiesbaden
(4) gekürzte Übersetzung auf www.nadir.org
(5) auf Englisch unter http://libcom.org/library
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